Die Benefizveranstaltung anlässlich des 30. Jubiläums von SOLWODI (Solidarity with Women in Distress) war feierlich und hatte dennoch ernste Themen: die Benachteiligung von Frauen und die Gewalt gegen Frauen. Der Saal in der Stadthalle in Boppard war gut gefüllt.
TV-Journalistin Maria von Welser ging in einem Diavortrag zum Thema „Wo Frauen nichts wert sind“ auf die Schicksale der Frauen in Afghanistan, Indien und Ostkongo ein. Für ihre Recherchen hatte sie die drei Länder bereist und von ihren Erfahrungen und Gesprächen vor Ort berichtet. Ihren Reisebericht hat Frau von Welser in einem gleichnamigen Buch zusammengefasst.
Die Gewalt gegen das weibliche Geschlecht sei nach wie vor gravierend, betonte von Welser. „Unsere lateinamerikanischen Kolleginnen sprechen gar von einem Feminizid und ich dachte zunächst, dass sie vielleicht übertreiben. Aber es ist leider die Wahrheit“.
So berichtete sie davon, wie in Afghanistan alle 20 Minuten eine Frau stirbt. Auch sterben in keinem Land der Welt mehr Babys als hier, da die Frauen ihre Kinder oft alleine und in unhygienischen Umgebungen gebären. Allein rund um Kabul gebe es 35 Flüchtlingslager, fasst von Welser zusammen. „Hier leben ca. drei bis vier Millionen Menschen, seit acht bis zehn Jahren. Und die Lager sind viel elender als die, die ich an der türkischen Grenze gesehen habe.“
012mmf_solwodi_boppard_c-hpiel-1024x683.jpg„Aber Wut kann manchmal auch zum Guten gebraucht werden.“
Auch auf die zunehmenden Vergewaltigungen und vermehrten Abtreibungen von weiblichen Föten in Indien ging von Welser ein. Die Zahlen sind dort mehr als gravierend: Alle 21 Minuten wird eine indische Frau vergewaltigt, aufgrund der Abtreibungen fehlen bereits jetzt 50 bis 100 Millionen Frauen im Land. Ostkongo war das dritte Land, auf das von Welser an diesem Abend näher einging. Sie berichtete von Milizen, die Frauen systematisch vergewaltigen und Kinder entführen, um sie zu Kindersoldaten zu missbrauchen. All das sind bedrückende Informationen und Themen, die betroffen machen. Die Berichte von Maria von Welser wurden begleitet von der Harfenistin Elke Steltner, die mit ihren ruhigen Klängen zur Stille und zum Nachdenken einlud.
Moderatorin Barbara Harnischfeger vom SWR in Koblenz, sprach mit Sr. Dr. Lea Ackermann über ihre Beweggründe, sich für Frauen einzusetzen, die „nichts wert sind“. Vor 30 Jahren gründete Ackermann in Kenia die Organisation SOLWODI – „ohne einen einzigen Cent und nur mit der tiefen Überzeugung, dass ich mich um die chancenlosen Kinder Gottes kümmern soll“, erzählte sie. In Mombasa traf sie damals immer wieder auf Frauen und Kinder, die sich aus ihrem Elend heraus prostituieren mussten – und deren Leid schamlos ausgenutzt wurde von Touristen, die sich eine Weltreise leisten konnten und Frauen für ihr billiges Vergnügen kauften. „Das hat mich sehr traurig und wütend gemacht“, blickt Schwester Lea zurück. „Aber Wut kann manchmal auch zum Guten gebraucht werden.“
„Ich hatte damals nichts – aber ich wollte ihnen eine helfende Hand sein"
Das war der Anfang einer Menschenrechtsorganisation, die heute allein in Deutschland 18 Beratungsstellen und sieben Schutzhäuser zählt. Dazu kommen 34 Beratungsstellen in Kenia. Auch in Rumänien und Österreich hat SOLWODI inzwischen jeweils eine Beratungsstelle mit Schutzhaus. Eine weitere Kontaktstelle befindet sich in Ruanda. Von Anfang an war es Sr. Lea ein Anliegen, gemeinsam mit den Frauen nach Lösungen und Alternativen zu suchen, damit sie nicht länger ihre Körper verkaufen mussten. „Ich hatte damals nichts“, sagt Schwester Lea. „Aber ich wollte ihnen eine helfende Hand sein und sie unterstützen, ihren eigenen Weg zu finden, damit sie letztlich durch neue berufliche Perspektiven auf eigenen Beinen stehen können. Ich bat deshalb meine Freunde in Deutschland um finanzielle Mittel.“
037mmf_solwodi_boppard_c-hpiel-1024x683.jpg„Unsere Arbeit ist praktisch, wir helfen den Frauen und Kindern mit Unterbringung, Wohnung, Ausbildung, Begleitung zu Behörden, Arbeitssuche etc.“, beschreibt Schwester Lea die Arbeit ihrer Organisation. Ein weiteres Beispiel für die Bandbreite an Hilfeleistungen, die SOLWODI bietet, ist das kenianische Sportprojekt SOLASA. Mittlerweile gibt es im Rahmen dieses Projektes 40 Fußballteams, in denen afrikanische Mädchen ihre Sozialkompetenz durch Fußball erhöhen können und so auch lernen, ihrem Alltag eine Struktur zu geben.
SOLWODI ist jedoch weit mehr: Sie bietet schutzsuchenden Frauen Hilfe und Schutzwohnungen an. Die Unterkünfte können in der aktuellen Flüchtlingskrise auch von allein reisenden Flüchtlingsfrauen (und ihren Kindern) in Anspruch genommen werden. SOLWODI hofft, bald die ersten Flüchtlingsfrauen begrüßen zu dürfen und appelliert an die Politik, dieses Angebot zu nutzen. Fotos: P!ELmedia